Kapitel 1: Der Beginn der Reise – Alles fing mit zu hohem Blutdruck an
Mit etwa 23 Jahren fing alles an. Starke Migräne plagte mich immer wieder, und ich dachte mir nichts dabei. Dann stellte mein Arzt schließlich einen zu hohen Blutdruck fest – durchschnittlich 160 zu 120. Er tat es als nichts Bedenkliches ab und verschrieb mir Blutdruckmedikamente. Rückblickend hätte man das wohl früher angehen können, aber na ja, was will man machen?
Richtig besorgniserregend wurde es, als ich einmal bei einer Freundin war. Mir war schwindelig, übel, und mein Sichtfeld schien stetig zu schwinden. Irgendwann wurde es so extrem, dass sie den Notarzt rief.
Zum Glück, denn allein hätte ich es wahrscheinlich nicht gemacht.
Der Notarzt stellte einen Blutdruck von 220 zu 140 fest. Besorgniserregend, aber glücklicherweise passierte nichts Schlimmes.
Im Krankenhaus wurde ich gründlich untersucht, doch sie fanden nichts. Nach etwa einer Woche wurde ich entlassen und führte mein normales Leben weiter.
Meine Gesundheit war ansonsten nie wirklich von Leiden geplagt. Abgesehen von dieser Episode lebte ich ein recht durchschnittliches Leben.
Ich ernährte mich normal, trank als Teenager mit meinen Kumpels am Wochenende ab und zu Alkohol – wie das in dem Alter so ist. Ich trieb Sport, war kein Bodybuilder, aber fit genug, um zufrieden zu sein. Als ich älter wurde, achtete ich mehr auf meine Ernährung. Ich lebte mal vegetarisch, mal vegan, mal eine Mischung aus beidem. Nie besonders ungesund. Ein recht durchschnittliches Leben.
Wenn man so normal lebt und keine besonderen Symptome hat, scheint es auch erstmal kein Problem zu geben. Leider war das nicht ganz so.
Erst als ich in meine erste eigene Wohnung zog, machte sich die erste Diagnose der Nierenerkrankung in meinem Leben breit.
Es war das Jahr 2020. Wegen Migräne (weil ich vergessen hatte, meine Blutdruckmedikamente zu besorgen) ging ich zu einem neuen Arzt in der Umgebung. Immerhin war ich umgezogen.
Ich hatte schon seit zwei Tagen keine Medikamente mehr genommen, und da begann die Migräne. Ich meldete mich krank und ging zum neuen Arzt. Dieser wunderte sich, dass jemand in meinem Alter schon Bluthochdruck hat. Also nahm er eine Blutprobe und ließ sie im Labor untersuchen.
Ein paar Tage später rief mich die Arztpraxis an. Es ging um die Blutwerte. Der Messwert der Niere (GFR) war wohl im Keller. Zur Info: Der GFR-Wert eines gesunden Menschen liegt bei etwa 90 bis 120 ml/min.
Meiner lag bei 33 ml/min.
Das war natürlich ein Schock. Ich verstand nicht, woher das kam. Es gab keine Anzeichen von Nierenerkrankungen in der Familie. Und ich hatte keine besonderen Symptome. Leider ist die IgA-Nephritis eine schleichende Erkrankung. Ohne zufällige Untersuchungen fällt das nicht auf.
Vielleicht hätte ein anderer Arzt es früher erkannt, wer weiß.
Jedenfalls gab es bereits einen Verdacht auf IgA-Nephritis. Um das zu bestätigen, wurde ich in eine Klinik geschickt, um eine Gewebeprobe von der Niere zu entnehmen.
Natürlich verging erstmal eine Zeit bis dahin.
Als es soweit war, war es ein kurzer Eingriff. Die Art der Gewebeentnahme nennt man Biopsie. Dazu nimmt man eine riesige Nadel und sticht in den Rücken, wo sich die Nieren befinden. Diese Nadel kann mit einem winzigen Haken eine winzige Gewebeprobe entnehmen. Das geschieht bei vollem Bewusstsein, aber mit örtlicher Betäubung. Man spürt Druck in dem Bereich. Unangenehm, aber es geht schnell.
Nach diesem Eingriff bleibt man ein paar Tage im Krankenhaus.
Als ich entlassen wurde, ging ich wieder meinem Alltag nach.
Nach einiger Zeit kam das Ergebnis, das den Verdacht auf IgA-Nephritis bestätigte.
Ich war chronisch erkrankt – und das wohl schon länger. Nie hätte ich gedacht, dass es so kommen würde. Mit einem Fingerschnippen änderte sich meine Sicht auf mein Leben. Ich bekam Angst. Viele Fragen kamen auf: Wie geht mein Leben weiter? Was soll ich tun? Was kann ich tun? Immerhin wurde mir gesagt, dass ich zu einem Dialysepatienten werden könnte.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich musste das doch irgendwie verhindern können!
Ich fing an, sehr auf meine Ernährung zu achten. Im Internet las ich, dass man dem mit einer Rohkost-Diät entgegensteuern könnte und versuchte das. Ich aß teilweise natürliche Kräuter in der Hoffnung: „Hey, das macht Sinn! Wir sind doch Menschen, die aus der Natur kommen! Vielleicht ist das eine Zivilisationskrankheit, vielleicht kann man das mit einer natürlicheren Lebensweise entgegenwirken!“
Naja, Fehlanzeige.
Ich versuchte immer wieder etwas Neues, achtete auf meine Ernährung und trieb Sport. In der Hoffnung, den Abbau der Nieren zu verhindern oder wenigstens zu verzögern.
Vier Jahre vergingen und meine GFR-Werte sanken stetig.
Bis es dann irgendwann soweit war.
Bei einem Arzttermin wurde mir gesagt, dass ich mit der Dialyse beginnen muss.
Das war ein Schock für mich.
Bestimmt kennst du diese Situationen: In Filmen oder Serien, wenn jemand eine schlechte Nachricht bekommt, wird die Szene oft akustisch isoliert, um einen emotionalen Schock zu suggerieren. Die Umweltgeräusche fallen in den Hintergrund.
Genau so fühlte ich mich in diesem Moment. In diesem Moment waren es nur ich und meine Gedanken: „Also doch! Und was jetzt? War alles umsonst? Haben meine Bemühungen mit der Ernährungsumstellung nichts gebracht?“ Es war gut, dass meine Freundin dabei war, denn ich hörte ab der Diagnose vom Arzt einfach nicht mehr zu. Ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt.
Natürlich ist das keine Diagnose wie Krebs oder andere tödliche Krankheiten.
Und irgendwo hatte ich ja bereits die Diagnose von der IgA-Nephritis. Und trotzdem. Die Nachricht zu bekommen, dass man eine Dialyse benötigt.
Das ist ein Einschnitt im Leben.
Es macht Angst. Ich wusste nicht, wie mein Leben in Zukunft aussehen sollte. Geschweige denn, wie lange ich wohl leben würde.
Nach dieser Nachricht beim Arzt nahm ich mir erstmal Zeit, um über all das nachzudenken. Ich wünsche jeder Person viel Kraft, die diese Nachricht übermittelt bekommt.
